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Für die Großstadt Ludwigsburg fehlen noch Baugebiete

Für die Großstadt Ludwigsburg fehlen noch Baugebiete

Wenn die Statistiker beim Landesamt in Stuttgart recht behalten, dann knackt Ludwigsburg spätestens in zehn Jahren die Grenze zur Großstadt und zählt dann über 100 000 Einwohner.

Die Prognose ist ganz aktuell aus dem Statistischen Landesamt bekanntgeworden. Ludwigsburg steuerte in diesem Jahr auf die Einwohnerzahl 92 000 zu und ist damit bereits in den vergangenen Jahren deutlich gewachsen. Eine Reihe großer Neubaugebiete hat dazu beigetragen, etwa die Hartenecker Höhe in der Oststadt oder die Neckarterrassen in Neckarweihingen. Einen weiteren Schub hat es durch die Flüchtlinge gegeben. Seit 2008 (rund 85 000) gab es einen kontinuierlichen Anstieg. Waren es 2010 noch knapp 85 900 Einwohner, gab es seitdem einen jährlichen Zuwachs von rund 1500 Ludwigsburgern.

Klar ist, dass die Lokalpolitik diese Entwicklung noch lange nicht an einem Ende sieht. Im Gegenteil, seit bald zwei Jahren steht eine Baulandoffensive auf der Tagesordnung. Dies angetrieben durch eine ungebrochen starke Nachfrage für den Neubau von Wohnraum – Ludwigsburg lockt Menschen an. Zudem will die Politik dazu beitragen, dass in der Stadt mehr günstiger Wohnraum zur Verfügung steht. Die Offensive war ins Stocken geraten, jetzt allerdings scheint es wieder voranzugehen. Dennoch stellt sich die Frage, wo in Ludwigsburg 8000 weitere Menschen unterkommen sollen.

Die derzeit geplanten Neubauflächen würden jedenfalls bei weitem nicht ausreichen. Zwei Gebiete in Grünbühl-Sonnenberg, große Flächen in der Oststadt und Oßweil beim Jahn-Stadion, ein weiteres Neubaugebiet in Neckarweihingen, eine Reihe innerstädtischer Bauvorhaben etwa auf dem einstigen Polizeiareal an der B27 gegenüber dem Schloss, weitere Projekte wie das Baywa-Areal in der Weststadt, der Gemsenberg im Schlösslesfeld oder das Areal Jägerhofkaserne in der Oststadt – das wären schon erhebliche Zuwächse an Bauland mit 3000 Bewohnern oder deutlich mehr – je nach angenommener Belegungsdichte.

Müsste doppelt so viel und mehr Wohnraum entstehen, bis die von den Statistikern vorhergesagte Großstadt-Grenze erreicht wäre? Wohl nicht zur Gänze. So hat der Regionalverband Stuttgart kürzlich in einer Studie festgestellt, dass in der Region die Bevölkerung stärker gewachsen ist als neuer Wohnraum. Gab es bei der Bevölkerung in der Region von 2011 bis 2014 ein Plus von drei Prozent, nahm der Bestand an Wohnungen nur um 1,7 Prozent zu. Entweder wurde der Wohnraum dichter belegt, oder es gab viele Leerstände, die beseitigt wurden. Noch immer ist von Leerständen auszugehen, es gibt aber keine verlässlichen Zahlen.

Kann die Prognose der Statistiker also nur dann wahr werden, wenn die Stadt noch einmal zusätzliches Bauland ausweist? Der Druck aus dem Regionalverband und aus Stuttgart jedenfalls steigt – angesichts der ungebrochenen Zuwanderung in die Region und dem Wunsch nach günstigem Wohnraum in den Städten und Gemeinden rund um die Landeshauptstadt. In Stuttgart gibt es derzeit eine politische Mehrheit, die auf der eigenen Markung nur noch geringe Baulandpotenziale sieht, man will nicht weitere Grünflächen zu Bauland machen. Der Regionalverband hat diese Position kürzlich untermauert und Zahlen vorgelegt, wonach es vor allem in den Landkreisen um Stuttgart herum noch erhebliche Kapazitäten für den Wohnungsbau gebe.

Das betrifft auch Ludwigsburg, denn im Regionalplan ist hier ein sogenannter Schwerpunkt für Wohnungsbau ausgewiesen: das Hartenecker Feld nördlich der gerade bebauten Hartenecker Höhe und direkt an das Schlösslesfeld angrenzend. Das Gebiet ist 18 Hektar groß, es würde nach den Vorgaben der Region, die für solche Gebiete 90 Wohnungen pro Hektar vorsehen, den Bau von gut 1600 Wohnungen bedeuten. Die Region verwendet einen Schlüssel von 2,15 Bewohnern pro Wohneinheit – das würde auf dem Hartenecker Feld Raum für fast 3500 Menschen bedeuten. Über die aktuelle Baulandoffensive hinaus würde Ludwigsburg damit die Grenze zur Großstadt erreichen.

Stoff für mögliche Auseinandersetzungen in der Ludwigsburger Lokalpolitik. Denn schon jetzt ist die Ausweisung neuen Baulands umstritten. Also lieber dicht bebauen, als neue Flächen auszuweisen? Oder auch ohne neue Flächen weniger dicht bauen? Darüber bahnt sich ein wachsender Konflikt an. Die Stadtverwaltung mit Oberbürgermeister Werner Spec an der Spitze drängt auf eine zunehmende Verdichtung. Ein Beispiel: Ging man im Jahr 2012 für das Gebiet beim Jahnstadion noch von 470 Wohneinheiten aus, so wurde zuletzt die Zahl 750 als Ziel vorgegeben.

Eine Mehrheit im Gemeinderat hat zuletzt gebremst, wenn auch nur bei einem sehr kleinen Baugebiet in Eglosheim. Man hat aber gegen die Verwaltung, die Mehrfamilienhäuser einplanen wollte, den Bau von Reihenhäusern durchgesetzt. Beim Neubaugebiet für Neckarweihingen ist der Streit schon voll entbrannt, hier haben sich Verwaltung und Stadträte aufs nächste Jahr vertagt, weil die Meinungen auch unter den Stadträten noch sehr weit auseinanderliegen.