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Der Kraftakt Ganztagsschule in Ludwigsburg

Das Land will die Ganztagsgrundschule forcieren und hat dafür die gesetzlichen Grundlagen geschaffen. Doch das geht nicht ohne erhebliche Anstrengungen und Debatten in den Kommunen. Beispiel Ludwigsburg und Bietigheim-Bissingen.

Große Freude herrschte zum Jahresende an der Schlösslesfeldschule in Ludwigsburg. Dort wurde ein Erweiterungsbau eingeweiht, für den die Stadtverwaltung rund 2,9 Millionen Euro investiert hat. Die Schule verfügt jetzt über eine große Mensa, die auch als Multifunktionsraum genutzt werden kann, sowie eine Küche und fünf weitere Ganztagsräume. Der Anbau wurde nötig, weil durch den neuen Wohnpark Hartenecker Höhe, der im Schulbezirk der Schlösslesfeldschule liegt, die Schülerzahlen erheblich zugenommen haben.

Für Schulleiterin Monika Schick bietet dies die Chance, eine echte Ganztagsschule zu werden. Seit dem Schuljahr 2006/2007 ist die Schule zwar bereits eine Ganztagsschule in offener Form, doch mit dem neuen Schulgesetz hat die Landesregierung im vergangenen Jahr die Rahmenbedingungen neu definiert. Es gibt jetzt zwei Formen - eine Wahlform oder eine verbindliche, das heißt für alle Schüler verpflichtende Form - und Regelungen zum zeitlichen Rahmen, zur Konzeption, zum Mittagessen oder zur Aufsicht.

Nach Abstimmung mit den Eltern hat man sich an der Schule entschieden, die Ganztagsschule in Wahlform an vier Tagen mit sieben Zeitstunden zum Schuljahr 2015/2016 zu beantragen. Der Gemeinderat stimmte zu. Gleichzeitig wurde auch ein entsprechender Antrag der Hirschbergschule bewilligt, die ebenfalls die Wahlform anstrebt. Eine Entscheidung der Schulbehörde über die Anträge wird im Februar erwartet.

 

Bislang gibt es in Ludwigsburg nach Auskunft von Renate Schmetz, der Leiterin des Fachbereichs Bildung und Familie, vier Ganztagsgrundschulen - in alter Form. Das alte Modell genieße Bestandsschutz, so Schmetz. Schulen, die neu in den Ganztag einsteigen wollen, könnten dies jedoch nur auf Basis des neuen Modells tun. Einer der Unterschiede liege darin, dass die Schulen während des Ganztagsbetriebs selbst für die Organisation der Betreuung zuständig werden - für Eltern kostenfrei. Bisher gab es ein flexibles Angebot der Stadt. In Ludwigsburg werde es jedoch ergänzend auch weiterhin ein städtisches Betreuungsangebot geben, sagt Schmetz, sodass Eltern - gegen Gebühr - die Gewähr haben, dass ihre Sprösslinge auf jeden Fall von 7 bis 17 Uhr behütet sind. Bei der Aufsicht in der Mittagspause teilen sich Schule und Kommune die Kosten.

Weitere Schulen in Ludwigsburg liebäugeln ebenfalls mit der Umwandlung in eine Ganztagsschule, berichtet die Fachbereichsleiterin. Relativ problemlos ist das dort, wo es freie räumliche Ressourcen gibt oder ohnehin Baumaßnahmen anstehen. Dort, wo dies nicht der Fall ist, können für das Herrichten der notwendigen Räumlichkeiten erhebliche Investitionen notwendig werden. Das könne richtig teuer werden, wie das Beispiel Schlösslesfeldschule zeige, erklärt Schmetz.

Am großen Schulstandort Bietigheim-Bissingen ist die Schullandschaft derzeit beherrschendes Thema. Dort können die Kosten für notwendige Investitionen in die Schulinfrastruktur verlässlich noch nicht einmal beziffert werden. Klar ist, dass neben der Gebäudesanierung auch Umbau- und Erweiterungskosten für den Ganztags- sowie Gemeinschaftsschulbetrieb in Millionenhöhe anfallen. Summen, die längst zum Politikum geworden sind, gelten sie doch einigen Gemeinderäten als Argumente, um andere Investitionen zu blockieren.

Dabei ist die Anzahl der betroffenen Schulen überschaubar. Sand- und Waldschule werden in Bietigheim und Bissingen zu Gemeinschaftsschulen ab dem kommenden Schuljahr und dementsprechend zu verbindlichen Ganztagsschulen. Letzteres ist aber keine wirkliche Erneuerung, denn das verbindliche Angebot gibt es bereits, so in der Sandschule an vier Tagen mit acht Stunden. Und genau dort hatte die Ganztagsschule im vergangenen Jahr bereits für ordentlich Zoff gesorgt. In einem Brandbrief an Kultusminister Andreas Stoch hatten Elternvertreter über eine massive personelle Unterversorgung geklagt. Im Rahmen der verlässlichen Grundschule beziehungsweise der Ganztagsschule würden die Kinder lediglich aufbewahrt, die von der Landesregierung propagierte "bestmögliche Förderung" könne es so nicht geben. Zwar hat das Schulamt der Sandschule inzwischen 1,5 Stellen (befristet bis Juli) zugebilligt, für die Schule ist dies aber "nur ein Tropfen auf den heißen Stein", wie es heißt. Auch bei der Stadt rechnet man mit weiteren Personalkosten für die Mittagsbetreuung.

Während in Bietigheim-Bissingen die Verhandlungen auch für weitere Grundschulen laufen, beziffert Ludwigsburg die Personal- und Sachkosten in den beiden Grundschulen, die bereits jetzt den Start in den neuen Ganztag beschlossen haben, nach Abzug von Elternbeiträgen und Landeszuschuss auf zusammengenommen voraussichtlich rund 120.000 Euro im Jahr. Gegenüber der bisherigen Situation sind das Mehrkosten von knapp 10.700 Euro.

Für die Stadt sei entscheidend, was die Eltern wollten, erklärt Schmetz. An zwei Grundschulen hätten sich diese dafür ausgesprochen, bei der Halbtagsschule zu bleiben. Ob das Ziel der Landesregierung, bis 2023 auf eine Quote von 70 Prozent an Ganztagsgrundschulen zu kommen, in Ludwigsburg erreicht werde, beurteilte sie eher skeptisch.

#Schlösslesfeldschule, #Schule