Zum Hauptinhalt springen

Grundschulen: Erst die Pflicht, dann die Kür

ALSO 200Mathe-Förderung? Gestrichen! Theater-AG? Gestrichen! Musik-AG? Gestrichen! An den Ludwigsburger Grundschulen findet der Ergänzungsbereich ab dem kommenden Schuljahr kaum mehr statt. An den Schulen ist die Enttäuschung groß.

Seit Jahren leitet Manuela Dignus den Chor der August-Lämmle-Schule in Oßweil. Rund 120 Kinder singen hier mit Begeisterung. Der Chor ist aus dem Oßweiler Stadtteilleben kaum mehr wegzudenken. „Wenn es den nicht mehr gäbe, ginge was für die ganze Schulgemeinschaft verloren“, sagt Schulleiterin Sigrid Hornberger.

Doch eigentlich hat die August-Lämmle-Schule für nächstes Schuljahr keine Lehrer-Stunden für den Chor zugewiesen bekommen. Denn der Chor gehört zum sogenannten Ergänzungsbereich, den die Grundschulen zusätzlich zum Pflichtunterricht anbieten können. Bislang gab es an der Oßweiler Grundschule einen Chor, eine Förderung für Schüler mit Lese-Rechtschreib-Schwäche, eine Förderung in Mathe sowie Stunden für die Kooperation zwischen Kindergarten und Schule. Für das kommende Jahr gibt es nur noch eine Stunde für die Kindergarten-Kooperation.

Die August-Lämmle-Schule ist nicht die einzige, an der der Ergänzungsbereich zusammengeschrumpft wurde. Auch andere Ludwigsburger Grundschulen sehen sich mit einer Reduzierung konfrontiert. An der Schubartschule Eglosheim gibt es im kommenden Jahr nur noch eine Stunde für den Chor, sagt Schulleiter Edgar Wintergrün. Die Musik-AG oder schulische Sprachförderung sind allerdings gestrichen. „Wir können keinen Förderunterricht mehr anbieten“, sagt er. „Das müssen wir jetzt alles im normalen Unterricht auffangen.“

Auch an der Oststadtschule II ist die Enttäuschung groß. Hier wurde die Theater-AG gekappt. „Das ist traurig und schade“, meint Schulleiterin Kerstin Bergold. Ihr blute das Herz, sagt sie.

Von einer Streichung des Ergänzungsbereichs will die Leiterin des Staatlichen Schulamtes Ludwigsburg, Gabriele Traub, aber nicht sprechen. „Den gibt es nach wie vor, aber wir haben eine Verschiebung.“ Es herrsche auch kein Lehrermangel, wie oft behauptet, erklärt sie. Doch es gebe viele Ausfälle, zum Beispiel durch Krankheit, Schwangerschaft oder Rekonvaleszenz. „Wir haben die Maßgabe, den Pflicht-Unterricht an den Schulen zu gewährleisten, das hat Vorrang.“ Um das zu schaffen, habe man Lehrerstunden aus dem Ergänzungsbereich in die Krankheitsvertretung verschieben müssen.

Ein bisschen anders sei es an Grundschulen mit Ganztagsbetrieb, meint Sigrid Hornberger. Sie könnten das ein oder andere mit Ganztagsschulstunden abfedern.

„Natürlich muss der Pflichtbereich erfüllt werden, das ist gar keine Frage“, sagt Schulleiter Wintergrün. „Aber es ist noch gar nicht abzusehen, ob die Krankheitsvertretung-Stellen ausreichen.“

„Da ist viel Feldgeschrei“, sagt der Ludwigsburger Abgeordnete und Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Claus Schmiedel. „Es wird immer vor jedem neuen Schuljahr spekuliert.“ Stattdessen müsse man abwarten, wie viele Schüler tatsächlich angemeldet werden und wie die Klassen gebildet werden. Erst dann könne man die Lehrerzuteilung schlussendlich festlegen. „Für die Schulen ist das zum jetzigen Zeitpunkt noch gar nicht endgültig.“

Ungeachtet dessen machen sich die Grundschulen über mögliche Alternativen Gedanken. An der Oststadtschule hofft man, über das Jugendbegleiterprogramm vielleicht doch noch ein Theater-Angebot machen zu können.

Auch die Eglosheimer Schubartschule will sich um Jugendbegleiter bemühen. Die individuelle schulische Förderung muss aber künftig allein im Unterricht geschehen. „Das wollen wir so gut wie möglich schaffen, aber da stoßen wir auch auf Grenzen“, sagt Sigrid Hornberger.

Und was ist mit dem Chor der August-Lämmle-Schule? „Im neuen Schuljahr wird eine Sportstunde mit zwei Schulklassen gemeinsam stattfinden. So haben wir zumindest eine Stunde für den Chor übrig“, so Schulleiterin Hornberger. Das sei besser als nichts.